Praktikumsbericht von Nikolai Schühly

 

Praktikumsbericht von Nikolai Schühly:

„Von Anfang Oktober bis Ende Dezember 2018 hatte ich die Gelegenheit, ein Praktikum im Büro des SPD-Landtagsabgeordneten Serdar Yüksel im Landtag und vor Ort in seinem Wahlkreisbüro in Bochum-Wattenscheid zu absolvieren. Dabei habe ich ein relatives Neuland betreten, da mir als Masterstudent der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum die Landespolitik im Vorfeld in ihren Einzelheiten und konkreten inneren Strukturen wenig vertraut gewesen war. Insofern boten sich mir während meiner Zeit im Landtag einige aufschlussreiche Momente.

 

Besonders gefallen haben mir die vielseitigen Aufgabenfelder und Themengebiete, mit denen ich im Rahmen meines Praktikums in Berührung gekommen bin: So konnte ich Herrn Yüksel und seine beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter Herrn Martic und Herrn Spengler durch allgemeine Bürotätigkeiten und Terminmanagement, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die inhaltliche Vorbereitung von Terminen und Sitzungen und die Mithilfe bei der Arbeit im Petitionsausschuss, dessen Vorsitzender Herr Yüksel ist, und im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales unterstützen.

 

Neben der Büroarbeit durfte ich Herrn Yüksel bei einer Vielzahl von Terminen begleiten: etwa bei den Fraktionssitzungen der SPD, den Sitzungen des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales, den dazugehörigen SPD-internen Vorbesprechungen und den Sitzungen des Petitionsausschusses. Darüber hinaus konnte ich zahlreichen 41a-Terminen (benannt nach dem entsprechenden Artikel, der seit 1969 auf Basis des Art. 17 des Grundgesetzes den Petitionsausschuss in der Landesverfassung als Verfassungsorgan anerkennt) beiwohnen, bei denen Herr Yüksel als Berichterstatter fungierte; hierbei wurden Anliegen von Bürgern, die zuvor eine Petition gestellt hatten, im Gespräch mit den Petenten und den in dem jeweiligen Kontext relevanten Behörden besprochen und verhandelt.

 

Die Fraktions- und Ausschusssitzungen – anders als die öffentlichen Reden im Plenarsaal – offenbarten, dass innerhalb einer Partei ebenso Streitpunkte entstehen und diskutiert werden und ebenso um die besten Argumente gerungen wird wie im Gespräch mit anderen Parteien: Letztlich zeigte sich aber bei allen der Wunsch, das Richtige zu tun, um eine Besserung in dem jeweiligen Bereich zu erzielen. Dieser Aspekt wurde insbesondere auch bei der Arbeit des Petitionsausschusses deutlich, wo ein direkter Kontakt zwischen der Politik und den Bürgern zustande kommt, der immer neue Anforderungen an die Mitglieder des Ausschusses stellt und der manchmal auch ein schnelles Handeln erfordert, wenn ein Petent dringend Hilfe benötigt und ein Aufschub des Falles nicht mehr möglich ist, etwa dann, wenn eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht. In dieser Hinsicht widersprach die Arbeit in der Fraktion und in den Ausschüssen, so wie ich sie erlebt habe, den Vorstellungen von einer gleichgültigen Politik, wie sie heute häufig deklariert werden. Herr Yüksel wiederum widersprach dem zeitgenössischen Bild des wahlkampforientierten Berufspolitikers: Im Gegensatz dazu versucht er ganz direkt und mit viel Hingabe und Leidenschaft, den Bürgern zu helfen.

 

Die Arbeit im Abgeordnetenbüro war zum einen geprägt von repetitiven kleinteiligen bürokratischen Abläufen, den vielen kleinen Zahnrädern in dem großen Uhrwerk des Alltags eines einzelnen Abgeordneten: Die medienwirksamen Auftritte in dem Plenarsaal, in den Medien und andernorts in der öffentlichen Wahrnehmung sind nur die sichtbaren Facetten einer vielfältigen Apparatur. Zum anderen stellten spontanes Handeln und ein rasches Eindringen in komplexe Sachzusammenhänge, beispielsweise bei der Vorbereitung eines Termins, sich als Spezifika des Abgeordnetenberufs heraus, die mir bisweilen große Bewunderung abverlangten.

 

Der Landtag und vor allem auch das Wahlkreisbüro sind keine homogenen, abgeschlossenen Räume, da Bürgerinnen und Bürger aus allen Schichten und mit den verschiedensten Erfahrungen an die Abgeordneten herantreten: Im Vergleich dazu ist die Universität wesentlich isolierter; die Politik hingegen scheint der Lebenswirklichkeit der Menschen näher zu sein. Dadurch ist das Leben an der Universität planbarer, aber auch weniger abwechslungsreich.

 

Durch die Erfahrungen im Rahmen meines Praktikums habe ich festgestellt, wie viel Offenheit und Erfahrung es braucht, um den Menschen mit ihren Problemen Tag für Tag zu begegnen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, und welche Verantwortung man in manchen dieser konkreten Situationen trägt.“